Ein Redaktionsmärchen Teil 2
Der Traum vom Chef sein



Der Igelkugelbrunnen verfolgt mich immer noch, das ist Wahnsinn. Jedes Mal, wenn ich die Redaktion betrete, dieses Geplätscher. Kann man sich das vorstellen? Wehe, einer sagt, das wäre beruhigend. Grünschnabelmeinungen sind hier nicht erwünscht. Wir sind eine freie Zeitung, da darf ich meine Meinung über den Igelkugelbrunnen ohne Widerspruch äußern. So.
Ich darf alles loswerden, weil ich Chefredakteurin bin und am Ende alles einfügen oder zensieren kann *Hände reib* Nun ja... ich gebe zu, damit erschöpfen sich die Vorteile. Jetzt kommen sicher wieder so ein paar Leute mit ihrer Grünschnabelmeinung: „Jetzt beruhig dich doch mal, das kann doch nur positive Seiten haben, Chef zu sein. Ja eben einfach, weil du der Chef bist!“
Haha. Ich würde am liebsten laut lachen, wenn ich das ganze nicht so humorlos fände. Die wenigsten haben eine Ahnung davon, was das bedeutet Chef zu sein. Zum Glück habe ich eine Gruppe dankbarer Redakteure um mich, die es nie versäumen werden mich daran zu erinnern.

Das Redaktionsleben birgt allgemein nicht nur Annehmlichkeiten. Die Medien sind eben einer ständigen Kritik ausgesetzt und müssen auch Verantwortung für ihren Inhalt tragen. Wohlgemerkt: die Medien bestehen aus allen, die sie mitbilden und damit müssten doch alle gleichermaßen die Verantwortung tragen, oder? Denkste. Der einfache Redakteur liebt die Ruhe und Aufgaben die gewürdigt werden. Und alles, womit man in die Kontroverse gerät?

Aesi: Nönö, Scheffe, mach du mal, dat is jetz nu mal dein Part. Cory und ich stehen derweil am Igelbrunnen und waschen unsere Hände in Unschuld.

Cory: Opi, pieks dich nicht am Igelbrunnen... ach ja, die Flecken kriegst du übrigens eher mit Wasser runter als mit Unschuld.

Die Botschaft ist deutlich. Chef setzt sich in die Nesseln und der Rest hält sich bedeckt. Vor allem eins darf man nicht vergessen: der Job ist lebensgefährlich! Man riskiert tagtäglich den Hals für die Rasselbande. Und was hat die Rasselbande dazu zu sagen?

Aesi: Als Chefredakteurin bist du natürlich verantwortlich für die Zeitung. Und wir einfachen Schreiberlinge sind nur unparteiische Zeugen von Tarantallegra, Rictusempra oder Petrificus totalus und anderen Kalamitäten, die nun mal zu den Berufsrisiken eines Chefredakteurs gehören. Cory und ich würden aber einen guten Artikel daraus machen und uns zuverlässig um deine Angelegenheiten kümmern. *nein, Cory, nein, kommt nicht in Frage. Hallias Nuckelfeder mit Lakritzgeschmack bekomme ich*

Cory: Immer, aber wirklich immer, musst du mir alles wegnehmen...

Das verschlägt einem doch fast die Sprache... Abgesehen davon, dass ich keine Lakritzfeder besitze, weil die total widerlich sind. Überhaupt hatten wir die Debatte über die Einrichtung doch schon mit der letzten Ausgabe beigelegt, oder? Ach, ich frag lieber nicht mehr...

Pauline: Hübsche Schreibtische *murmel..*

Cory: Also lang nicht so schön wie die, die ich im Katalog ausgesucht hatte, ich hatte auch so ganz bequeme, nicht die mit der Nadelkissenpolsterung, die Aesi bestellt hatte. Nene, sondern so richtig schöne mit Plüschhäschen oben. Aber nein, die Nadelkissen mussten es ja sein...
Pauline: Plüschhäschen? Ooohooo.. nächstes mal sucht sie Cory aus!

*schnauf* Werd ich überhaupt gefragt? Ich dachte, ich bin Chef. Nur so nebenbei mal gedacht, vielleicht täusch ich mich auch...

Cory *noch einige Poster von Tokio Hotel an die Wand tacker* Ja, jetzt kriegt's allmählich meinen Stil.

Hallia: Uaah... Artikel der nächsten Ausgabe: Chefredakteurin läuft Amok... *Poster ganz schnell im Kamin verschwinden lass* Uff, Schock lass nach das... Meinetwegen schaff Plüschhasen und Hamster an, aber nie wieder sowas *tsts* Da muss ich einfach mal meine Autorität einsetzen (Übrigens wäre ich an eurer Stell vorsichtig, was ihr schreibt. das kommt alles in die nächste Ausgabe *fg* - mein letztes Druckmittel, fürchte ich...)

Cory: Nicht ins Feuer... Da stehen doch hinten meine ganzen Artikel drauf!

Hallia: Na toll, und dann heißt's natürlich die pöhse, pöhse Chefredakteurin ist schuld *tzä* *aus dem Kamin fisch* aber da seid ihr selbst dran schuld, wenn ihr meine Nerven so belastet. Ui. Wo sind meine Nervendroppen...

Cory: *Hallia die Baldriantropfen reiche* Ich mein, ich weiß ja, dass ich die Jüngste bin, aber dass ich immer die holen muss, ehrlich ungerecht. *mein Tokio Hotel Poster wieder an die Wand tacker*

Hallia: Oh nein, das ist nicht fair. Mein Beruhigungstropfenverbauch ist so einfach zu hoch. Du kannst deine arme Chefredakteurin doch nicht so leiden lassen...(Aesi sagt schon gar nichts mehr dazu, der ist geflüchtet) Lass uns 'nen Kompromiss schließen: du hängst einen Vorhang vor's Poster und wenn du es zur Inspiration brauchst, blinzelst du mal schnell dahinter?

Cory: Nein, nein *das ist gemein, ich versuche doch nur meine Privatsphäre zu schützen*

Aesi: Tja, was erwartest du bei der Einrichtung? Einen Bodyguard?

Hallia: So, ich bin mal 4 Tage weg - ihr habt mich echt urlaubsreif gemacht *tzä* (Und wenn ich wiederkomme ist hier gefälligst mit Musical-Postern tapeziert [Krolock *sabber*]) alles Absicht, vermutlich. Wenn ich weg bin, geht ihr hier ja über Tische und Bänke und hinterher heißt's, der Chef trägt die Verantwortung *hmpf*

Aesi: Dir eine schöne Zeit, Hallia, wir werden sie genießen.

Cory: Bring gute Fotos mit und einige brauchbare Artikel!

Aesi: Wär ja endlich mal an der Zeit, dass Hallia ihrer Berufsbezeichnung gerecht wird.

Ich bin ja wirklich kein Mensch, der zu große Erwartungen ansetzt. So was sollte man als Chef wirklich nicht tun, es erhöht nur den Verbrauch an Antidepressiva und ähnlichem.

Cory: So, ich richte schon alles her, wenn die Chefredakteurin mit ihren ganzen Artikeln wieder kommt *Schredder bereitstell*

Hallia: Was glaubt ihr denn, was ich gemacht habe? Das war Urlaub und kein Journalistenseminar. Das brauchen doch nur Anfänger *tzä* Artikel mach ich natürlich nach dem Urlaub *kopfschüttel*

Cory: Ein gutes Vorbild haben wir da *tzä*

Hallia: Wer sagt denn, dass ich Vorbild bin? Ich darf alles - ich Chef und nicht eure Mama. Tja, dachte ich zumindest *seufz*

Cory: Au ja, Halli-Mammi und Aesi-Opi, das passt ja.

Hallia: Aesi, wo bist du? Kümmer dich doch mal um deine Enkelin, bevor ich zur Mami werde *überfordert bin* Das stand jedenfalls nie in der Jobbeschreibung! *renn*

Was lernen wir daraus? Glaube niemals einer Jobbeschreibung, die entspannend und vielversprechend klingt. Erst recht nicht, wenn’s um eine höhere Position geht. Vor allem in den kreativen Jobs sieht die Wahrheit dann meistens ganz anders aus. Die Leute da kennen keine Autorität. Man wird, wo es nur geht, auf ein Minimum an Entscheidungsgewalt zurückgedrängt. Zuletzt bleibt man nur eine kleine Hürde auf dem Bequemlichkeitsweg der Redakteure. Von wegen Boss. Die einzig autoritäre Handlung, bleibt da noch das Beschließen einer Sitzung. Und die Themen, über die man noch bestimmen darf, zeugen natürlich von äußerster Wichtigkeit...

Hallia: Wir haben uns heute hier versammelt um eine wichtige Besprechung abzuhalten. Nachdem nun auch die Anträge auf Bierdeckel, Lakritz, Brunnenreiniger, mehr Taschengeld, Schafe und Yogakurse angenommen wurde, wünsche ich einen erholsamen Abend.

Aesculap: Danke, Scheffe, echt großzügig *schnüff*

Cory: *Aesi Taschentuch reich*

Hallia: Taschentücher werden auch spendiert... *seufz*

You see, dat Janze is nun ma keen Ponyhof. Naain, in Wahrheit sin wir Scheffe eine unterdrückte, sudiefst missverstandene un untabewertete Glasse. Und isch leide nüscht unda Verfolgungswahn! Jawoll! Joa... wad bleibt einem da noch? *hicks*
Vielleicht kann man so ein bisschen Mitleid erwecken. Dieser Bericht ist mein letzter Ausweg *theatralisch seufz* Ich bin ein Chef, holt mich hier raus!
(Oh Mist, diesmal übernimmt Aesi die Technik und das abschicken der Ausgabe. Hilfe, ich werde zensiert!)

Eo-Lahallia


Aesculap: *kopfschüttel* Wir sind wir, wir sind hier, das allein ist unsre Schuld.... *määääähhh*

*seufz*