Es kam zu zahlreichen Universitätsgründungen, die Seefahrernationen Portugal und Spanien drangen bis Indien und Amerika vor und erweiterten den geographischen Horizont Europas und das Interesse am vergangenen Wissen und Kultur der Antike stieg sprunghaft an. Kein Wunder, daß sich auch die Zauberei in der Renaissance einen gewaltigen Sprung nach vorne machte. Waren es im Mittelalter nur ein paar Mönche oder Gelehrte gewesen, die sich für Zauberei interessierten, wurde die Magie jetzt quasi zur Wissenschaft. Astrologie und Alchemie wurden an den Universitäten gelehrt und die bedeutendsten Köpfe der damaligen Zeit beschäftigten sich mit alchemistischen Forschungen, Astrologie und Zauberkunst. Besonders drei Gelehrte ragten unter allen anderen heraus und entwickelten die Lehre der Zauberei in entscheidendem Maße weiter: Agrippa von Nettesheim, Paracelsus und John Dee. Der in Köln geborene Agrippa (1486 – 1535) war ein typischer Universalgelehrter der Renaissance. Er galt als große Koryphäe auf dem Gebiet der Geheimwissenschaften und sein berühmtes Hauptwerk, De occulta philosophia, machte das Denken der jüdischen Kabbala und ägyptischer und griechischer Geheimlehren erstmals einem breiteren Publikum zugänglich. Auf Agrippa geht übrigens der Begriff occult zurück. Heute noch berühmt ist der Naturforscher Paracelsus (1493 – 1541), der eigentlich Theophrastus Bombastus von Hohenheim hieß. Aus einer alten schwäbischen Arztfamilie stammend, studierte Paracelsus nach der Familientradition Medizin und war zunächst an verschiedenen Orten Europas als Arzt tätig. In seinen medizinischen Werken legte er die Grundsteine der Naturheilkunde, die bei den Muggeln sich heute noch großer Beliebtheit erfreut. Wichtig für die Zauberkunde jedoch waren seine Theorien über Heilung durch magische Besprechungen und Verwendung bestimmter Kraftsteine sowie die Signaturenlehre, wonach das Aussehen einer Heilpflanze bestimmend für ihre Heilkraft ist. Natürlich beschäftigte sich Paracelsus auch mit Geistern, Spukgespenstern, Astralleibern und ähnlich geheimen Dingen. Der Waliser John Dee (1527 – 1608 ) entwickelte ein eigenes Werk zur okkulten Beschwörung von Engeln, die Henochische Magie. Dee galt seinen Zeitgenossen als bedeutender Mathematiker und Astronom, seine Privatbibliothek war mit etwa 4000 Büchern größer als die Universitätsbibliotheken von Cambridge oder Oxford. Doch nebenbei arbeitete John Dee als Geisterbeschwörer mit dem begabten Medium Edward Kelley zusammen, durch dessen Mund die Engel zu Dee sprachen und ihn ihre Sprache lehrten, das Henochische. Insgesamt kann man sagen, daß die Kunst der Zauberei im Zeitalter der Renaissance eine in der Öffentlickeit bis dahin nicht gekannte Beachtung fand und eine bemerkenswerte Entwicklung nahm. Besser gesagt eine zweifache Entwicklung. Zum einen war da die anerkannte Gelehrtenmagie, die aus dem neu entdeckten Fundus antiker hermetischer Schriften schöpfte, sie mit christlichem Denken vermischte und mit Alchemie, Zauberlehrbüchern und Astrologie Grundsteine für die modernen Wissenschaften legten. Doch was zu Beginn der Renaissance um 1400 so hoffnungsvoll begonnen hatte, die unvoreingenommene und fast selbstverständliche Beschäftigung mit Magie, wandelte sich im Laufe dieses Zeitalters in sein Gegenteil.